ESA - Presseinformation
Nr. 10-97 ­ Paris, 28. März 1997   [ English Version | Version française ]

Die Edelstein-Connection: ISO verknüpft Kometen mit Sternen und dem Ursprung der Erde

Kometen enthalten Überbleibsel der Rohstoffe, aus denen die Erde und die anderen Planeten des Sonnensystems entstanden sind. Diese von Astronomen seit langem gehegte Vermutung hat das Infrarot-Weltraumobservatorium (ISO) der ESA mit der Entdeckung des Minerals Olivin im Kometen Hale-Bopp nachhaltig bestätigt. Die amerikanische Wissenschaftszeitschrift "Science" veröffentlicht am 28. März hierzu den Bericht eines europäisch-amerikanischen Forscherteams unter der Leitung von Jacques Crovisier vom Observatorium Paris-Meudon.

"ISO sieht im Kometen Hale-Bopp die gleichen Stoffe wie in Staubwolken um andere Sterne", sagt Crovisier. "Ein Hauptbestandteil sowohl des Sternen- als auch des Kometenstaubs ist kristallines Olivin. Dies ist aber auch eines der wichtigsten Minerale, die im Erdinnern vorkommen. Wir können nun mit großer Sicherheit sagen, daß wir auf einem Haufen zusammengebackenen Mineralstaubs stehen, wie ihn die Kometen enthielten, die vor etwa viereinhalb Milliarden Jahren die Sonne umschwärmten."

Olivin herrscht im Mantel unter der dünnen Erdkruste vor und tritt an der Erdoberfläche als Peridot, ein olivgrüner Edelstein, in Erscheinung. Olivinreiche Minerale werden von Geologen als wichtige Quelle von Chrom, Platin und Diamanten geschätzt.

Die Bestandteile der Gas- und Staubemissionen des Kometen Hale-Bopp sind bei charakteristischen Infrarot-Wellenlängen erkennbar, von denen sich viele nur im Weltraum beobachten lassen. Das Team machte sich die bisher unerreichte Empfindlichkeit von ISO im Wellenlängenbereich von 2 bis 200 Mikron zunutze, indem es drei seiner Instrumente bei seinen Untersuchungen in Anspruch nahm: das Kurzwellen-Spektrometer SWS, ein Kurzwellen-Spektrometer innerhalb des Photometers ISOPHOT und das Langwellenspektrometer LWS.

Mit dem SWS enthüllt sich der Olivinstaub des großen Kometen in einer ausgeprägten Reihe von Emissionsspitzen (bei 11,3, 16,5, 19,8, 24,0, 27,6 und 33,9 Mikron), die für kristallines Forsterit, eine magnesiumreiche Form von Olivin, charakteristisch sind. Dieser Infrarot-Fingerabdruck ist völlig anders als der von Pyroxenen, den gewöhnlich in der Erdkruste vorkommenden Silikaten.

Im vergangenen Jahr hatten Astronomen mit demselben ISO-Instrument in Emissionen bei 33 Mikron aus Staubwolken um ein halbes Dutzend alter und sterbender Sterne deutliche Hinweise auf das Vorhandensein von Olivin gefunden. In solchen Regionen stellt die Natur das Olivin aus den von alten Sternen ausgestoßenen chemischen Elementen her. Bei anderen Beobachtungen mit dem SWS wurden sämtliche für Forsterit charakteristischen Emissionen in einer Staubwolke um einen jungen Stern gemessen, in der möglicherweise Planeten entstehen. Die Spektren dieses Sterns (mit der Bezeichnung HD 100546) sind denen des Kometen Hale-Bopp erstaunlich ähnlich. Obwohl die beiden Objekte Hunderte von Lichtjahren voneinander entfernt sind und einen riesigen Größenunterschied aufweisen, stellt ISO in beiden dasselbe vorherrschende Mineral fest.

Kometen sind auch mit Eis unterschiedlicher Zusammensetzung befrachtet ­ hauptsächlich gefrorenes Wasser, Kohlenmonoxid und -dioxid. ISO hat nachgewiesen, daß dies die wichtigsten Eisarten im interstellaren Raum sind, wo sie sich um kleine Staubkörner bilden. Im Falle des Kometen Hale-Bopp erkennt und mißt ISO diese Stoffe als bei der Verdampfung in Sonnennähe entweichende Gase. Crovisier und seine Kollegen berichten in "Science" darüber, in welchem Umfang Hale-Bopp unter dem Einfluß der Sonnenstrahlung Materie "ausschwitzt".

Am 27. September 1996, als der Komet noch 444 Millionen km von der Sonne entfernt war, gab er pro Sekunde bereits 10 t Wasserdampf, 11 t Kohlenmonoxid und 5 t Kohlendioxid in den Weltraum ab. Insgesamt stieß Hale-Bopp damals pro Tag 2,2 Millionen t dieser Stoffe aus. Legt man statt des Massenausstoßes die Zahl der ausgestoßenen Moleküle zugrunde, verlief die Verdampfung von Wasser, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid im Verhältnis 10 : 6 : 2.

Die Temperatur, bei der sich vor Milliarden Jahren die ersten Wassermoleküle im Weltall bildeten, muß etwa -250°C betragen haben. Zu diesem Schluß gelangte Crovisiers Team, als es mit dem SWS die Infrarotsignaturen von zwei unterschiedlichen Arten von Wassermolekülen bei 2,6 bis 2,9 Mikron untersuchte. Wenn Wassermoleküle bei gewöhnlichen Temperaturen entstehen, drehen sich die Kerne beider Wasserstoffatome in drei von vier Fällen auf die gleiche Weise. Bei sehr niedrigen Entstehungstemperaturen, wie sie im interstellaren Raum herrschen, kommen entgegengesetzte Drehrichtungen häufiger vor. Die beste Übereinstimmung mit dem ISO-Spektrum ergibt sich, wenn das Verhältnis zwischen den beiden Molekülarten 2,45 : 1 beträgt, was der Molekülbildung bei 25° über dem absoluten Nullpunkt entspricht.

Die Veröffentlichung dieses Berichts über die ISO-Ergebnisse und anderer wissenschaftlicher Abhandlungen über den Kometen Hale-Bopp in der Zeitschrift "Science" fällt zeitlich mit der größten Annäherung des Kometen an die Sonne (136 Millionen km) zusammen, die am 1. April erwartet wird. Eine Übersicht über die mit ISO angestellten weiteren Beobachtungen des Kometen Hale-Bopp gibt die Presseinformation Nr. 08-97, der auch eine Aufnahme mit der Kamera ISOCAM beigefügt ist.

Aufnahme der Staubwolke um den Stern HD 100546 mit dem ISO-Kurzwellenspektrometer
Quelle: ISO/ESA, SWS & C. Waelkens et al.

Die Infrarotemissionen des Kometen Hale-Bopp deuten darauf hin, daß in dem vom Kometen ausgestoßenen Mineralstaub kristallines Olivin vorherrscht. Dasselbe Mineral ist in einer Staubwolke um einen jungen Stern deutlich erkennbar, in der möglicherweise Planeten in der Entstehung begriffen sind. Beide Spektren wurden mit demselben Instrument an Bord des Infrarot-Observatoriums (ISO) der Europäischen Weltraumorganisation aufgenommen.

Fotos können auf Internet unter folgender Adresse abgerufen werden